Zurück

Der Nationalsozialismus

Schattenbild der Anthroposophie

Zwischenresümee zum Stand der Forschung

Michael Frensch im Gespräch mit Arfst Wagner

Michael Frensch:

Herr Wagner, Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit dem Phänomen des Nationalsozialismus und insbesondere mit der Rolle, die einige Anthroposophen in der NS-Zeit gespielt haben. Wie sind Sie zu diesen Forschungen gekommen?

Arfst Wagner:

Das Thema Nationalsozialismus hat mich eigentlich mein Leben lang beschäftigt. Die Begegnung mit dem Phänomen Anthroposophen und Nationalsozialismus fand dabei erst sehr spät statt - zum ersten Mal 1980 in Vlotho im ,Collegium Humanum'. Ich besuchte damals ein Seminar zum Thema „Anthroposophie und Zeitgeschichte - Zur Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges". In diesem Seminar fanden sich eine ganze Reihe führender Vertreter der bundesdeutschen Rechtsszene wieder. Das hat mich veranlaßt, mich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Ich habe mich also um Literatur zum Thema bemüht, auch um entsprechende anthroposophische Literatur. Fündig wurde ich aber nur bei Christoph Lindenberg (Die Technik des Bösen), Johannes Tautz (Der Eingriff des Widersachers) und Karl Heyer (Als die Götter den Tempel verließen. Wesen und Wollen des Nationalsozialismus - ein Buch, das damals vergriffen war und heute wieder erhältlich ist.) Johannes Tautz und Christoph Lindenberg nehmen einseitige Positionen ein, die sich zum Teil widersprechen, aber beide Standpunkte muß man berücksichtigen. Lindenberg hat die gediegenere, wissenschaftliche Methode; er vermeidet jede okkultistische Spekulation, während Tautz gerade sehr stark ins Esoterische geht und in vielerlei Hinsicht die Gediegenheit sehr missen läßt. Er sagte mir einmal, dass dieses Buch aufgrund einer Bitte, Vorträge zum Thema zu halten, als deren weitgehend unkorrigierte Zusammenfassung entstanden sei und er es heute nicht mehr in solcher Form herausbringen würde. Das also war für mich der Einstieg. Ich bin dann durch einen Freund, der in Südafrika gewohnt hat und in München im Institut für Zeitgeschichte Unterlagen über Apartheid suchte, darauf hingewiesen worden, dass in diesem Institut auch Unterlagen über die Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft und Bewegung im Dritten Reich zu finden seien. Er selbst sandte mir einige Unterlagen. Mir kam die Idee, auch einmal nach Koblenz zu fahren, später auch nach Potsdam ins heutige Bundesarchiv. So wurden ungefähr 20000 Blätter mit Unterlagen gesichtet. Diese sind bis heute noch nicht alle von mir verarbeitet worden. Das hat Uwe Werner, der jetzige Archivar am Goetheanum-Archiv in Dornach, dann später übernommen, dessen Buch Anthroposophie und Nationalsozialismus 1998 erscheinen wird. Damit hat die Arbeit der Sichtung und Dokumentation einen gewissen Abschluß gefunden. Seit Uwe Werner das macht, habe ich mich von der Dokumentationsarbeit weitgehend zurückgezogen.

M.F .: Welches waren Ihre wesentlichen Erfahrungen, während Sie diese Forschungsarbeit unternommen haben?

A.W .: Mein großer Vorteil war, dass ich zunächst mit einer beinahe bodenlos zu nennenden Naivität an das Thema herangegangen bin. Ich hatte wirklich überhaupt keine Ahnung, dass ich Schwierigkeiten bekommen könnte. Ich habe dann allerdings relativ rasch bemerkt, dass zum Beispiel Geschichtslehrer damit Probleme hatten, dass ein Eurythmist ein historisches Thema erforscht. Natürlich hieß es ganz schnell, der Wagner hat die Leidenschaft, immer im Dreck zu wühlen oder anderen Menschen irgend etwas anzuhängen. Dem kann ich nur entgegnen: Es ist überhaupt nicht so; ich behandle lieber andere, unverfänglichere Themen. Aber der Nationalsozialismus ist doch ein so wichtiger Gegenstand, dass ich mich die ganzen 80er Jahre damit beschäftigt habe. Das Thema ist ja ungeheuer weitläufig. Mir ging es überhaupt nicht darum, zum Beispiel Anthroposophen, die im Dritten Reich in irgendeiner Weise tätig waren, etwas nachsagen zu können, obwohl mir das später öfters vorgeworfen wurde. Die menschliche und soziale Situation war damals für viele außerordentlich schwierig und ist von heute aus gesehen nur sehr schwer zu beurteilen. Wenn man nachliest, dass ein Vorstandsmitglied der Anthroposophischen Gesellschaft 1934 große Hoffnungen in Adolf Hitler und die nationalsozialistische Bewegung gesetzt hat, und ich dies dokumentiere, so nicht deswegen, um jemanden in den Schmutz zu ziehen; wenn da jemand einen Menschen in den Schmutz zieht, so doch höchstens er sich selber - was er selbst zu jener Zeit nicht wissen konnte.

M.F .: War das für Sie ein Problem, dass ein Mensch, der ganz intensiv und auch offiziell mit Anthroposophie befaßt war und Rudolf Steiner sehr gut gekannt hatte, sich in einer solchen Form zum Nationalsozialismus äußern konnte?

A.W .: Es war für mich fast ein Schock, muß ich sagen - und ebenso, dass ich viele noch heute lebende Anthroposophen kennengelernt habe, die eine starke Latenz zur rechtsextremen Politik besitzen.

M.F .: Wie kommt es zu diesem Phänomen?

A.W .: Das ist schwer zu beantworten. Wenn man sich mit dem anthroposophischen Vokabular befaßt, dann wird man auf den zweiten Blick außerordentlich viele Parallelen finden. Diese Parallelen führen ja dann auch dazu, dass Menschen wie Jutta Ditfurth die Anthroposophie in einen Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus bringen. Man könnte vielleicht so sagen: Der Nationalsozialismus ist ein Schattenbild der Anthroposophie und dadurch in vielem der Anthroposophie scheinbar ähnlich. Nehmen wir nur einmal das Aufgreifen der germanisch-nordischen Mythologie: Welche Rolle spielen Wotan und Baldur in der nationalsozialistischen Ideologie, welche spielen sie - wie überhaupt die ganze germanisch-nordische Mythologie - in der Anthroposophie? Oder nehmen wir die Atlantis-Lehre, nehmen wir auch eine gewisse Form von Rassenlehre in der Anthroposophie, die, wenn man sie mißversteht- und ich sage ausdrücklich mißversteht - sehr leicht in ein rechtsextremes Fahrwasser hineinführen kann.

M.F .: Haben Sie bei Ihren Forschungen nie befürchtet, dass Sie der Anthroposophie damit einen Bärendienst leisten könnten, zumal ja deren Kritiker nur auf solches Material gewartet haben? Mußte es für diese nicht ein gefundenes Fressen sein, sich bei ihren schweren

Anschuldigungen auf einen Insider aus der anthroposophischen Szene berufen zu können?

A.W .: Dieter Brüll schrieb mir einmal dazu, die Aufarbeitung dieses Teils der Geschichte der anthroposophischen Bewegung sei vierzig Jahre zu spät geleistet worden. Das Merkwürdige war, dass Vorwürfe auch von Menschen kamen, für die die Zeit zwischen 1933 und 1945 nicht existiert hat. Wenn heute jemand nach dem guten deutschen Sprichwort, zunächst vor der eigenen Türe zu kehren, die Frage zu beantworten versucht, wie das alles passieren konnte, wie jemand als Anthroposoph so tief in den Nationalsozialismus verstrickt werden konnte, dann ist nicht der, der diese Frage stellt, der Nestbeschmutzer, sondern eigentlich derjenige, der da hineingerutscht ist. Es war sicher oft schwer, die Anthroposophie von ihrem Schattenbild zu unterscheiden.

M.F .: Handelt es sich bei dieser Grenzziehung um die Fähigkeit, die Geister genau zu unterscheiden und waren dazu einige Anthroposophen in den Dreißiger Jahren nicht fähig?

A.W .: Das Erlebnis zu sehen, wie viele Anthroposophen zumindest in den Dreißiger und Vierziger Jahren der rechtsextremen Politik nahestanden, und wie viele das geistige Klima damals mitverursacht haben - wie zum Beispiel der anthroposophische Völkerkundler Richard Karutz, der in der Zeitschrift DIE DREI einige Artikel über Rassenlehre veröffentlicht hat - deutet darauf hin. Ich sehe mich hier mit einer Gruppierung konfrontiert, deren Gedanken und Lehren ich noch nicht durchschaue, und von der ich nur weiß, dass man in jeder Form zu ihr entschiedene Distanz

zu wahren hat.

M.F .: Welche Leitideen und Ziele haben Sie veranlaßt, Ihre Forschungen trotz der aufkommenden Schwierigkeiten weiterzuführen und durchzutragen?

A.W .: Es gibt da ein subjektives, seelisches Erlebnis und eine geistige Tatsache. Das seelische Erlebnis waren meine Reisen nach Polen von 1982 an - also noch zur Zeit des Kalten Krieges und des Solidarnosc-Verbots. Ich habe damals Menschen kennengelernt, die selbst im jüdischen Ghetto gelebt hatten. Ich habe gewohnt und gelebt, wo das jüdische Ghetto gewesen ist. Ich habe mich bewußt auf diese heute noch in Warschau spürbare Atmosphäre eingelassen. Und aus dieser Konfrontation ist die Frage entstanden: Wer kümmert sich eigentlich um die im Dritten Reich Verstorbenen - besonders die in den Konzentrationslagern und Ghettos umgekommenen Menschen? Das war für mich das seelische Erlebnis. Das geistige Erlebnis war, dass ich gesehen habe, dass die Grundstrukturen des Nationalsozialismus in vielen Bereichen heute noch vorhanden sind. Ich meine nicht nur Themen wie die Genforschung, der in verwandelter Form in anderen Autotypen auferstandene VW-Käfer, die Raketentechnologie, die Atomkernspaltung, ich meine auch die sozialen Strukturen und zwar zum Teil auch die anthroposophischen.

M.F .: Wo sehen Sie da Parallelen?

A.W .: Für mich taucht da als Urbild der sozialen Hierarchie auch innerhalb unserer anthroposophischen Bewegung das Bild der ägyptischen Pyramide auf: Oben steht ein Pharao, der weiß und der kann, dann kommt die zweite und dann die dritte Schicht - das sind die ganz Dummen; in anthroposophischen Ausbildungsstätten nennt man sie zum Beispiel die Studenten.

M.F .: Diese Strukturen gibt es freilich überall. Inwiefern sind sie

nationalsozialistisch?

A.W .: Sie sind in der NSDAP, genauso wie in der KPdSU, in einer urbildhaften Form zum Vorschein gekommen. Mich wundert, dass heute zum Beispiel überhaupt noch Parteien existieren, weil meiner Ansicht nach Parteien oder eben Organisationen, die hierarchisch strukturiert sind, durch die genannten archetypischen Organisationen entlarvt worden sind. Und das gilt meiner Ansicht nach zum Teil auch für anthroposophische Institutionen. Ein Drittes ist, dass menschliche Taten und Worte von Bedeutung nicht nur eine rein historische Relevanz haben, auch wenn Geschichtslehrer das möglicherweise anders sehen. Ich meine damit, dass in der Geschichte nichts einfach vergangen ist. Geschichte lebt im Jetzt weiter. Wir haben auf der ganzen Welt Kulturen, vielleicht auch partiell unsere eigene, in denen Strukturen herrschen, die unglaublich alt sind. Nehmen wir nur einmal die Dreigliederung Geistesleben, Rechtsleben, Wirtschaftsleben, so können wir sagen, dass wir ein sehr gegenwärtiges Wirtschaftsleben haben, aber ein schon sehr vergangenes Rechtsleben und ein noch mehr vergangenes Geistesleben. Und alle drei existieren in der Gegenwart. Genauso verhält es sich auch bei Ereignissen, die geschehen sind - ob in der Anthroposophischen Gesellschaft, ob in Deutschland als politische Einheit, ob in Europa; für all das tragen alle Verantwortung und Schuld. Dostojewskij sagte einmal, jeder ist an allem schuld. Das ist eigentlich auch mein Motiv.

M.F .: Zur Schuld gehören bei Dostojewskij Sühne und Erlösung. Sie geschehen bei ihm einerseits durch Einsicht in das Verhängnisvolle der eigenen Taten und andererseits durch das Mittragen der daraus entstehenden Folgen von Seiten nicht an der Tat unmittelbar Beteiligter. Glauben Sie, dass Ihre Aufklärungsarbeit beides in sich birgt: Aufklärung über das, was die genannten Taten wert waren und Mittragen der Schuld, obwohl wir als ,Spätgeborene" nicht unmittelbar die Täter waren?

A.W .: Den ,Spätgeborenen" wird von den Betroffenen oft vorgehalten, dass sie sich gar kein Urteil bilden könnten, da sie keine Zeitzeugen gewesen sind. Oftmals haben aber gerade diese Spätgeborenen erst den genügenden Abstand zu den Geschehnissen, und dieser Abstand scheint mir eine wichtige Grundlage zur Beurteilung zu sein. Etwas anderes ist, dass zur Aufarbeitung, zur Sühne die Bereitschaft gehört, sich selbst illusionslos anzuschauen, sich als Individualität zu erkennen, aber auch zu sehen, dass man in einem Schicksalszusammenhang steht. Ich bin beispielsweise auch Bürger der Gemeinde Tellingstedt, die durch ihre besondere soziale und kulturelle Situation bestimmte Anforderungen stellt; dann bin ich Bürger Schleswig-Holsteins, und das ist schon ein ganz anderes Thema. Weiter bin ich Bürger der Bundesrepublik, und eventuell demnächst ganz Europas und der Welt; und schließlich fordert Rudolf Steiner ja vom Anthroposophen, dass er sich auch noch als Bürger des Kosmos wissen soll. Jede dieser Ebenen bringt Verantwortung mit sich. Wenn man dem nicht ins Auge schaut, kann man eigentlich auch nicht sühnen.

M.F .: Haben Sie sich während Ihrer Forschungen völlig frei gefühlt oder haben Sie von den verschiedensten Richtungen Gegenwind gespürt?

A.W .: Ich kannte etwas Ähnliches schon von zwei früheren Aktionen die ich gestartet habe. Das eine war ein Artikel über die Situation des Eurythmiestudiums im Jahr 1980 und später dann meine Polen-Arbeit. Was man da erleben konnte war, dass man von vielen, auch von Freunden, spürbar geschnitten wird, wenn man eine Eigeninitiative startet. Ich habe zum Beispiel einmal einen Bericht über die anthroposophische Arbeit in Polen geschrieben, den ich schon als Entwurf zur Titelseite einer anthroposophischen Zeitschrift in Händen hielt - sogar schon gedruckt -, der aber nie erschienen ist, weil Einspruch gegen diesen Artikel erhoben worden war, wie ich später erfahren habe. Und nicht anders ergeht es mir eigentlich bis heute beim Thema Anthroposophie und Nationalsozialismus. Ich bin ja inzwischen, wie man so sagt, öffentlich rehabilitiert; dies hat Justus Wittich im letzten Weihnachtsheft 1996 der Deutschen Mitteilungen („Mitteilungen aus der anthroposophischen Arbeit in Deutschland“, Stuttgart.] getan. Andererseits möchte ich auch erwähnen, dass ich eigentlich von Anfang an Unterstützung von führenden Persönlichkeiten der anthroposophischen Bewegung erhalten habe. Diese haben allerdings mehr als Privatpersonen gehandelt. Über meine Arbeiten habe ich dann als Reaktionen drei Aktenordner voll mit Post bekommen. Der größte Teil war sehr erfreulich und ermutigend; ein Teil davon waren allerdings Reaktionen. die durchaus Angst machen konnten.

M.F .: Sind Sie bedroht worden?

A.W .: Es war mehr so, dass Briefe kursierten, in denen zum Teil recht üble Dinge über mich geschrieben worden sind und die ich erst sehr spät in die Hände bekam.

M.F .: Kam das Interesse an Ihrer Arbeit nur aus anthroposophischen Kreisen?

A.W .: Ich weiß, dass von der rechtsextremen Szene die von mir herausgegebenen fünf Dokumenten-Bände gekauft worden sind. Ich weiß aber auch, dass man in der äußerst linken Szene meine Arbeit durchaus wahrgenommen hat - so etwa Jutta Ditfurth. Die Menschen, die diese Bände am wenigsten gekauft haben, waren die Anthroposophen, für die sie ja eigentlich bestimmt waren.

M.F .: Gerade beim Thema Nationalsozialismus schlagen ja die Wellen sehr hoch, und es wird schwierig, sich über die kontroversen Ansichten hinweg noch miteinander zu verständigen.

A.W .: Die Gründe für ein solches Verhalten liegen meines Erachtens auf der Hand. Es sollte sich der Betreffende einfach einmal fragen, was er über Hermann Göring weiß, über Joseph Goebbels, über Adolf Hitler, über Rudolf Heß, über Alfred Rosenberg usw., das über dasjenige, was wir in der Schule gelernt haben, hinausgeht. Es ist erstaunlich, welch Aufsehen ein Buch wie Hitlers Wien von Brigitte Hamann [München 1996, bereits 6 Auflagen!] erregt. Die darin geschilderten alltäglichen Zusammenhänge sind uns bisher weitgehend unbekannt geblieben, zum Beispiel die Tatsache, dass Hitler mit Wittgenstein zusammen zur Schule gegangen ist. In der Regel ist man mit seinem Geschichtswissen nämlich fast bei Null. Insofern ist die Unkenntnis über diesen ganzen Komplex außerordentlich groß. Ein Historiker sagte einmal innerhalb des sogenannten Historikerstreits, an dem sich ja die Anthroposophen leider nicht beteiligt haben - wie auch? -, dass wir über keine Zeit soviel Informationen haben und zugleich so wenig wissen wie über den Nationalsozialismus. Und besonders das letztere, dass wir wenig, wirklich außerordentlich wenig über diese Zeit wissen, führt dazu, dass Standpunkte sich gegenseitig massiv bekämpfen in der Meinung, nur man selber habe recht, der andere könne ja gar nicht das Richtige treffen. Diese Haltung ist aber eigentlich nur ein Zeichen der Unkenntnis des Phänomens.

M.F .: Sie haben durch Ihre Forschungen mehr Kenntnis von diesem Phänomen. Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie daraus gezogen?

A.W .: Das Schwerwiegendste für mich war das Erlebnis, dass es sich bei verschiedenen Weltanschauungen, die mit dem Nationalsozialismus in Zusammenhang gestanden haben, zum Teil um außerordentlich spirituelle Strömungen gehandelt hat. Mussolini bezeichnete den Faschismus als spirituelle Strömung. Ich war zum Beispiel von der Tatsache regelrecht betroffen, dass Heinrich Himmler Anhänger einer Reinkarnationslehre war und das sogar recht gut begründen konnte; mit dieser hat er beispielsweise auch den Holocaust gerechtfertigt. Innerhalb des Nationalsozialismus sind interessanterweise auch Menschen wie Hermann Wirth und Otto Rahn aufgetreten mit ganz bestimmten Anliegen. Das spirituelle Motiv taucht selbst in Filmen wie Indiana Jones von Steven Spielberg auf, wo der Held den Heiligen Gral sucht, der aber auch von den Nazis gesucht wird, die ihm darum in die Quere kommen. Selbst solche merkwürdigen Filme beruhen nicht ganz auf komplettem Humbug, sondern zeigen bestimmte verborgene Grundlinien auf, die tatsächlich vorhanden gewesen sind - man denke etwa an die Tibet-Expedition der Nazis.

M.F .: Eine anthroposophische Forschung rechnet ja mit konkreten geistigen Wesenheiten, welche im Geschichtsprozeß wirksam sind. Ist denn heute überhaupt das Instrumentarium da, um solche Wesenheiten erkennen und ihre Tätigkeit exakt beschreiben zu können? Wo sind die Ansatzpunkte, um eine seriöse Forschung verwirklichen und die Sensation, die ja mit okkulten ,Mitteilungen" immer verbunden ist, vermeiden zu können?

A.W .: Man wird natürlich die Sensationshascherei nicht vermeiden können, solange es Menschen gibt, die diesen Dingen anhängen wollen. Seriosität hängt für mich mit dem Grundsatz zusammen, dass Geistiges im Physischen ein Pendant hat. Darauf weist Rudolf Steiner mehrfach hin. Wenn wir selbst nicht Okkultisten sind, so können wir doch die physische Seite eines Geschehens, beispielsweise des Themas, das wir hier behandeln, gründlichst studieren. Aus dem gründlichen Studium heraus kann man dann Fragen in sich entstehen lassen, die dann über die rein physischen Wahrnehmungen hinausführen. Rudolf Steiner bringt als ein Beispiel das Phänomen des Paradoxons. Er selbst sagt ja einmal etwas so und ein anderes mal stellt er es ganz anders da, so dass man beide Äußerungen als kontradiktorische Widersprüche empfinden und meinen könnte, entweder hat er sich hier geirrt oder da. Hält man dann seine beiden Aussagen auf einer anderen Ebene zusammen, so bemerkt man, dass sie von verschiedenen Seiten dasselbe Phänomen beleuchten. Mit diesem Erkenntnisweg kommt man durchaus auch in bezug auf das Thema Nationalsozialismus weiter.

M.F .: Dies führt uns zur Frage der Symptomatologie, dass man wahrnehmbare Phänomene als Symptome nehmen kann für eine Realität oder einen Impuls, die selbst als solche im physisch Wahrnehmbaren nicht in Erscheinung treten. Hier ist der Spekulation und der selektiven Auswahl nach subjektiven Vorlieben und Vorurteilen freilich Tür und Tor geöffnet. Wie lassen sich entsprechende Geschichtsklitterungen vermeiden?

A.W .: Die Frage ist natürlich, wie man das selbst vermeiden kann. Hier muß ich zunächst einfügen, was mir der Bremer Historiker Immanuel Geiss einmal gesagt hat: Wir leben hier in Mitteleuropa und in Deutschland in einer Art Enklave. In den USA glauben über 50% der Menschen inzwischen nicht mehr an die Existenz des Holocaust. Auf Reisen nach Arabien ist ihm in der Mehrzahl entgegengeschlagen: Herr Geiss, warum schimpfen Sie so auf Adolf Hitler, das verstehen wir gar nicht. Er hat doch nur einen einzigen Fehler gemacht, dass er die Juden nicht ganz ausgerottet hat. Dasselbe ist Geiss in Asien passiert, so dass er den Eindruck bekam, dass wir mit unseren Aufarbeitungsversuchen weiter voraus sind. Das ist also die kulturelle Situation weltweit. Andererseits kann man zum Beispiel in einem vor kurzem herausgegebenen Buch über General von Moltke lesen, dass die Deutschen in bezug auf den Ersten Weltkrieg äußerlich keine Schuld gehabt hätten, dass man, wenn man überhaupt von Schuld reden wolle, höchstens von einem geistigen Versagen sprechen könne. Gegen diesen Standpunkt möchte ich doch einwenden: Wir müssen den Geist schon sehr ernst nehmen. Und ein geistiges Versagen ist deshalb meiner Auffassung nach das schlimmste Versagen. Daraus resultieren zwei Grundsätze: 1.Ernstnehmen des Geistes überhaupt; 2. der Versuch, die anthroposophische Erkenntnis-Theorie in eine Erkenntnis-Praxis umzuwandeln, nämlich polar denken zu lernen. Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, dass man den Mitteleuropäer nicht daran erkennt, dass er in Mitteleuropa lebt, und auch nicht daran, dass er hier geboren ist, sondern daran, dass er die Sehnsucht hat, wenn er etwas als wahr erkannt hat, auch das GegenteiI davon als wahr erleben zu können. Das wäre ein mitteleuropäischer Impuls. Es geht also nicht so sehr um die Frage, wie man Mitteleuropa geographisch festlegen kann. Wenn man diesen Weg geht: Ernstnehmen des Geistes und versuchen, in Polarität und Steigerung zu denken, hat man eine Möglichkeit, an diese Ebenen heranzukommen. Man verfällt dann auch nicht der gegenteiligen Tendenz, das Urteil vor die Forschung zu stellen.

M.F .: Sie haben Material gesammelt zur Verstrickung einiger Anthroposophen oder mit ihr in Kontakt stehender Menschen in die Machenschaften des Dritten Reiches. Gerade in jüngster Zeit wurde ja die Frage erörtert, inwiefern die WELEDA eine bestimmte Rolle gespielt hat im Zusammenhang mit Experimenten im Konzentrationslager Dachau. Inzwischen wird die These vertreten, dass dadurch, das man nicht gewußt habe, was dort geschah, man exkulpiert sei.

A.W .: Wenn gesagt wird, man hat es nicht gewußt, dann kann man ja zunächst einmal davon ausgehen, dass diese Aussage wahrhaftig ist: Man hat es wirklich nicht gewußt. Das allerdings als eine Art Entschuldigung im höheren Sinne zu benutzen, ist eigentlich seit Mitte der 60er Jahre nicht mehr möglich. Auf der anderen Seite kann es natürlich nicht darum gehen, jetzt mit einem großen Hammer die WELEDA darauf abzuklopfen, ob man da nicht Buhmänner findet, die alles falsch gemacht und sogar Salbengrundlage an das KZ Dachau geschickt haben. Man müßte vielmehr in der Lage sein, sich den ganzen Vorgang darauf hin anzuschauen, was aus diesen Geschehnissen gelernt werden kann, damit diese Fehler heute nicht wiederholt werden. Das ist das einzig wirklich tragende Motiv. Und so würde ich auch die Vorgänge in der WELEDA anschauen, wobei die Problematik in der WELEDA ja noch mit der Person Sigmund Rascher zusammenhängt. Man hat mir entgegengehalten: Wie können Sie soviel über Rascher schreiben, der ist doch gar kein Anthroposoph. Viele haben dann sogar behauptet, ich habe Rascher als Anthroposophen hingestellt, obwohl meine Arbeiten überall dort, wo ich Rascher genannt habe, als zentralen Punkt die Beweisführung hauen, dass er kein Anthroposoph gewesen war. Rascher kann doch für uns nicht nur dann interessant sein, wenn er Anthroposoph gewesen wäre. So wie es aussieht, hat er bei der Wahl von Zyklon B eine zentrale Rolle gespielt. Nach allem, was man heute weiß, war er derjenige, der Heinrich Himmler Zyklon B zur Vernichtung von Menschen - ich wähle ausdrücklich diesen Begriff, da nicht nur Juden, sondern auch andere Menschen vergast wurden - empfohlen hat. Insofern ist die Gestalt des Sigmund Rascher auch ohne jede Berührung mit Anthroposophie von außerordentlichem Interesse für jeden Menschen, der sich einigermaßen wach mit diesem Thema auseinandersetzt. Es ist schon rein phänomenologisch äußerst bedenklich, dass, wenn sich ein Mensch im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus nicht als Anthroposoph zeigt, er dann für Anthroposophen auch nicht mehr sonderlich interessant ist.

M.F .: Rascher war ja Waldorfschüler...

A.W .: ...er war Waldorfschüler. Sein Vater war führender Anthroposoph in München und hat dort eine besondere Rolle gespielt. Er war als Anthroposoph auch führender Nationalsozialist in München, während bei Sigmund Rascher eben nur das letztere vorlag. Er hat seinen Vater sogar dafür gehaßt, dass er ihn auf die Waldorfschule geschickt hatte.

M.F .: Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Forschungen?

A.W .: Ich denke, dass diese ganze Frage der Nachforschungen und Dokumentation mit dem demnächst erscheinenden Buch von Uwe Werner zum Abschluß gekommen ist, und dass jetzt bei diesem Thema andere Ebenen beackert werden müssen. Ich meine zum Beispiel die Frage der spirituellen Bedeutung jener damaligen Vorgänge für uns heute, die Frage der spirituellen Bedeutung von dem, was in der anthroposophischen Bewegung vorgeht, dann die Aufgaben, die Rudolf Steiner uns Anthroposophen im Zusammenhang mit der Betreuung der Verstorbenen gegeben hat, denn nicht nur die Toten betreuen uns, sondern gemäß Rudolf Steiner haben auch wir die Toten zu betreuen.

M.F .: Sie gehören zu denjenigen Menschen in der anthroposophischen Öffentlichkeit, die bemängeln, dass von Seiten der Geisteswissenschaft wenig zur Aufklärung des Phänomens Nationalsozialismus geleistet worden ist. Welche Gründe sehen Sie für dieses Versäumnis?

A.W .: Das große Problem, das viele Menschen daran hindert, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, ist einfach die Angst. Angst in vielerlei Hinsicht. Angst, die dazu führt, zum Beispiel zu sagen: Was soll man sich noch mit dieser Zeit beschäftigen, sie ist doch längst vergangen, das hat doch heute gar keine Bedeutung mehr. Worauf ich nur fragen kann: Wenn das so ist, warum beschäftigen wir uns als Anthroposophen dann zum Beispiel immer noch mit dem Mysterium von Golgatha, das ja nun wesentlich weiter zurückliegt, und demgegenüber man auch sagen könnte, lassen wir das doch endlich ruhen, das ist ja schon 2000 Jahre her. Geschichte ist etwas anderes. „Du siehst, mein Freund, zum Raum wird hier die Zeit" - von dieser Perspektive aus sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft räumlich zu denken, so dass Vergangenes und Zukünftiges auch in die Gegenwart hereinwirken können. Insofern gibt es Geschichte als Vergangenes überhaupt nicht.

M.F .: Welches ist Ihrer Meinung nach die wesentliche Wurzel der Angst?

A.W .: Es ist dieselbe Angst, die jeden Menschen, wirklich jeden, zu hindern sucht, Selbsterkenntnis zu betreiben. Es steht einfach eine Art Hüter vor dem Menschen, der sagt, laß' die Finger davon, befaß' dich damit nicht, und schon gar nicht mit diesem Thema, das ja auch äußerlich eventuell sehr gefährlich sein kann. Und das hält die meisten Menschen davon ab. Ich denke auch, dass gerade die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus den Menschen dazu führt, außerordentlich viel von sich selbst in Frage stellen zu müssen - besonders auch von dem, das ihm heute zur Lebensgewohnheit geworden ist. dass das äußerst unangenehm ist und vielleicht auch die eigene soziale Situation betrifft, ist leicht vorstellbar.

M.F .: Wenn man betrachtet, was aus anthroposophisch- geisteswissenschaftlicher Richtung zur Aufklärung des Phänomens Nationalsozialismus geleistet worden ist, so muß man konstatieren, dass es nicht gerade viel ist. Ein kompetenter Geisteswissenschaftler von Format, wie Rudolf Steiner es war, ist nicht in Sicht Wie stellen Sie sich eine wirklich substantielle Aufklärungsarbeit der geistigen Hintergründe des Nationalsozialismus vor?

A.W .: Es gibt bei Rudolf Steiner das Motiv der anthroposophischen Gemeinschaftsbildung. Dies ist ein Motiv, das bis heute eigentlich noch gar nicht richtig berücksichtigt worden ist. Das heißt, es gibt nicht nur Gemeinschaftsbildung im Sozialen, es gibt auch Gemeinschaftsbildung in bezug auf Erkenntnisarbeit, was nicht heißt - das ist ja der Vorwurf, der dann immer gemacht wird -, die Brüderlichkeit ins Geistesleben zu tragen. So sagt Rudolf Steiner, wenn Menschen gemeinsam sich mit geisteswissenschaftlichen Inhalten beschäftigen, dann sind ihre Seelen in der Lage, sich zu den Engeln zu erheben - also das, was Rudolf Steiner den umgekehrten Kultus nennt im Zyklus Anthroposophische Gemeinschaftsbildung [Gesamtausgabe Nr. 257]. Wenn wir innerhalb der Anthroposophie diese Art von Gemeinschaftsbildung dem ,Zeitgeist'- der immer größer werdenden Isolation des einzelnen Menschen vom andern - einmal richtig massiv kräftig entgegensetzen würden, dann würden wir auch dazu kommen, andere Erkenntnisse zu gewinnen und auch in die okkulten, esoterischen Bereiche wesentlich intensiver und auch exakter hineinschauen können.

M.F .: Ist die Tatsache, dass sowenig Aufklärungsarbeit hinsichtlich des Nationalsozialismus geleistet worden ist, ein Indiz dafür, dass es mit der anthroposophischen Gemeinschaftsbildung noch nicht allzu weit her ist?

A.W .: Das denke ich. Und das gilt für die anthroposophische Bewegung, das gilt aber auch für unsere gesamte mitteleuropäische Kultur. Insofern ist das kein besonderer Vorwurf an die Adresse der Anthroposophen, weil es sich hier allgemein um den Zeitgeist handelt.

M.F .: Sie fordern dazu auf, das Versäumte nachzuholen und in voller Öffentlichkeit sich dieser Themen anzunehmen. Wie könnte dies im einzelnen geschehen, ohne dass entweder Dilettantismus und Inkompetenz zu Markt getragen oder aber die altbekannten Verschwörungstheorien einfach wieder aufgewärmt werden?

A.W .: Die Zusammenarbeit, die ja für die anthroposophische Gemeinschaftsbildung eine Voraussetzung ist, beginnt damit, dass man sich gegenseitig informiert. Das heißt, dass, wenn man Menschen sieht, die an einem Thema dran sind, man sich gegenseitig die äußeren Informationen zukommen läßt. Das ist eine ganz ganz wichtige Basis, welche die Kommunisten immerhin wesentlich besser beherrscht haben, als die Anthroposophen. Der zweite Schritt wäre, dass Arbeitstreffen stattfinden, zum Beispiel in anthroposophischen Zweigen, wo dann gegebenenfalls auch kontrovers gearbeitet wird. Wir haben seit zehn Jahren eine große Veränderung im anthroposophischen Blätterwald. Es gibt jetzt auch in anthroposophischen Zeitschriften kontroverse Diskussionen, die es dort bis Mitte der 80er Jahre praktisch nicht gab. So kontrovers müssen Themen heute bearbeitet werden. Man muß dabei ein wirkliches Interesse aufbringen für die kontroverseste Ansicht. Ohne dieses Interesse kommt es zu überhaupt keiner wirklichen Erkenntnis.

M.F .: Das Problem bei den kontroversen Ansichten ist ja leider nur zu oft, dass sie mit Persönlichkeitsverletzungen, Beleidigungen usw. einhergehen. Es fehlt da an wirklicher „Streitkultur“, bei der jeder Gesprächspartner weiß, dass dasjenige, was er an Erkenntnissen erzielt und formulieren kann, oft gerade dem Diskussions“gegner“ verdankt wird, der so in Wahrheit zum Erkenntnispartner wird. Halten Sie es wirklich für denkbar, dass nach dem ersten Schritt - dem Einzug der Kontroverse in die öffentliche anthroposophische Diskussion - nun auch der zweite folgen kann: dass man dem eine andere Ansicht Vertretenden Respekt und Wertschätzung entgegenbringt, auch oder gerade weil er überhaupt nicht der eigenen Ansicht ist?

A.W .: Bisher habe ich es leider oft erlebt, dass die Fortführung von Seminaren durch Geschrei und Zwischenrufe verhindert worden ist. Eine gewisse Voraussetzung von anständigem Benehmen sollte man in unseren Kreisen doch an den Tag legen können. Dann geht das auch.

M.F .: Wenn Sie auf Ihre jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Phänomen Nationalsozialismus und die Verstrickung einiger Anthroposophen darin betrachten, welches Resümee würden Sie dann heute ziehen?

A.W .: Das vielleicht Bemerkenswerteste war für mich, dass der Nationalsozialismus ein Phänomen ist, an dem vielleicht jeder einzelne geprüft wird, wie weit er seine Gesinnung und seine Erkenntnisfähigkeit aufrecht erhalten kann, auch wenn es schwierig wird. Vielleicht steht der Nationalsozialismus als Hindernis vor der Möglichkeit des einzelnen Menschen, wirklich tiefe Einweihungserlebnisse zu haben. Jedenfalls für unsere Kultur sehe ich das so, auch wenn der einzelne Möglichkeiten haben mag, andere Wege zu finden. Auf dem Niveau unserer Gegenwartskultur jedenfalls scheint es mir, dass erst, wenn wir dieses Phänomen in seinen Auswirkungen bis heute bewältigt und aufgearbeitet haben, wir weitere Schritte machen können, auch im Sozialen, auch in der Anthroposophie. Vorher geht es für den einzelnen nur auf Umwegen und für die Gemeinschaft gar nicht.

M.F .: Rudolf Steiner hat in einem vor den Priestern der Christengemeinschaft gehaltenen Kurs über die Johannes-Apokalypse im Zusammenhang mit Kometenwirksamkeiten davon gesprochen, dass die Kräfte von bestimmten in der Atmosphäre zerstäubenden Kometen aus der Erde und besonders aus dem Meer wieder aufsteigen und das niedere Astrale, also das Animalische im Menschen ungünstig beeinflussen. Er hat in diesem Zusammenhang das Jahr 1933 erwähnt und darauf hingewiesen, dass die Menschheit mit dem aus dem „Meer“ aufsteigenden Tier erst fertig werden müsse, ehe sie zur Erkenntnis der neuen Christus-Mysterien finden könne. Sehen Sie hier einen Zusammenhang mit Ihrer Auffassung?

A.W.: Es ist gut, dass Sie die Apokalypse ansprechen. Mich wundert schon lange, dass man dieses Thema eigentlich den Filmemachern überläßt. Denn die Anzahl der Filme über die Geschehnisse am Jahrhundertende in Form von apokalyptischen Visionen ist Legion. Innerhalb der Kreise, meine ich, die sich eigentlich gründlich damit auseinandersetzen müßten, findet leider so gut wie keine Auseinandersetzung statt. Das muß jetzt beginnen. Es ist fast schon zu spät dazu, aber lieber jetzt, als gar nicht.

Publikationen von Arfst Wagner zum Thema:

1. “Anthroposophen und Nationalsozialismus“ (2 Teile) in: Flensburger Hefte Nr. 32 (1990) und Sonderheft 8 der Flensburger Hefte („Anthroposophen in der Zeit des deutschen Faschismus.“/1991).

2. „Aus der eigenen Geschichte lernen oder im Dreck wühlen?“ In: Jahrbuch für anthroposophische Kritik (München 1994).

3. „Über eine Publikation zum Thema Anthroposophie und Nationalsozialismus - eine Antwort an Oskar Borgmann-Hansen. In: Beiträge zur Dreigliederung, Heft 43. Rendsburg 1995.

4. „Anthroposophen und Nationalsozialismus - Gedanken zum Erscheinen der Werner-Studie“. In: Beiträge zur Dreigliederung, Heft 46. Tellingstedt 1998.

5. „Nationalokkultismus“ (2 Teile). In: Flensburger Hefte Nr. 40/1993 und 41/1993.